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11. Juni 2012

Tandem-Flug

An einem sonnigen, klaren Herbsttag im Jahr 2003 sitzen Eva und ich im Zug von Salzburg nach Gastein. Ich rufe Lois, den Fluglehrer, am Handy an, um den genauen Treffpunkt zu vereinbaren. Es rauscht, Lois meldet sich. „Ich bin gerade in der Luft. Es geht super zum Fliegen! Treffpunkt ist kurz vor zwei Uhr bei der Stubnerkogelbahn.“



Wir haben noch etwas Zeit. Beim Mittagessen beobachten wir Paragleiter. Bei einem öffnet sich der Rettungsschirm.  Um dreiviertel zwei sind wir am Treffpunkt. Es wird zehn vor zwei, fünf vor zwei, niemand da. Plötzlich ein Juchaza von oben, und schon kommt ein Gleitschirm mit zwei Personen herunter. Lois parkt den Schirm auf einem kleinen Wiesenstück, das kaum breiter ist als der Schirm selbst, packt mit ein paar Handgriffen den Schirm zusammen, verabschiedet seine Schülerin und ist schon bereit zur Bergfahrt.



Lois wohnt in Gastein, fliegt seit 15 Jahren, macht die Tandemflüge hauptberuflich und scheint jeden Luftwirbel persönlich zu kennen.
Ebenso schnell wie der Schirm zusammengepackt war ist er wieder aufgebreitet, die Gurte eingehängt und wir sind startbereit. Lois wartet noch günstigen Wind ab, dann laufen wir auf sein Kommando los. Der riesige Schirm zieht uns ein paar Schritte nach hinten, und schon fliegen wir!

In sanften Schwüngen gleiten wir am Hang hin und her. Lois lässt beide Steuerleinen los. „Siehst du, der Schirm fliegt von alleine. Gib mir die Kamera, jetzt steuerst du.“ Er porträtiert uns, während ich das Kurvenfliegen ausprobiere.


„Wie geht es deinem Magen?“ „Gut“. „Willst du eine schnelle Kurve probieren?“

Solltest du, verehrter Leser, eines Tages in dieser Situation sein so überlege deine Antwort gut. 

„Klar!“ ist meine Antwort. Er nimmt die Leinen wieder. Ich werde in den Sitz gepresst, die Bäume scheinen waagrecht zu stehen, so kräftig werden wir herumgewirbelt. Ich hatte mir gar nicht vorstellen können, dass dieses weiche, sanfte Fluggerät zu solchen Manövern fähig ist. „Noch eine?“ „Nein, lieber nicht.“ Der Schweinebraten und der Kaiserschmarren wollen nicht mehr so recht mitmachen.

Aber ich lasse mir von der Übelkeit die Freude nicht verderben. Aha, ein Zug mit zwei Taurus-­Lokomotiven fährt unter uns in den Tauerntunnel.


Auf der Wiese ist ein Ziel markiert das die Paragleiter versuchen zu treffen. Wir setzen zur Landung an, und schon eilt der Schiedsrichter mit dem Maßband heran. „Jetzt brauchen wir die Schiebelehre!“ meint er, so eine Punktlandung hat Lois hingelegt.